Am 8. März ist Weltfrauentag. Aus diesem Anlass hat SteierMag mit einer Rauchfangkehrermeisterin im zweiten Bildungsweg gesprochen. Und erfahren, dass Mütter effizienter arbeiten, wieso es für sie als Frau am Land leichter ist Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen und warum es hoffentlich bald mehr Rauchfangkehrerinnen gibt.

(C) Heimo Binder

Im Leben kommt vieles anders, als man plant. Eine, die solche unerwarteten Wendungen immer als Herausforderung verstanden hat, ist Christina Merlini aus Bad Radkersburg. Dass sie zudem sehr vielseitig interessiert und grundsätzlich ein neugieriger Mensch ist, war sicher kein Nachteil für die charmante Unternehmerin. In die Wiege gelegt war ihr vielleicht ein gewisses wirtschaftliches Verständnis, doch alles weitere war dann Zufall oder Schicksal, je nach Glaubensrichtung, – und Mut. Als ihr Bruder 2010 mit 33 Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam und einige Jahre später der Vater starb, sollte sie in der Folge als erste Frau den seit fünf Generationen bestehenden Familienbetrieb übernehmen. Nur, sie war zu dieser Zeit Journalistin und PR-Beraterin in Graz. Eine Kreative, die das urbane Leben genoss, sich für Literatur und Tanz begeisterte, den Traum von der Schauspiel-Karriere erst seit einigen Jahren ad acta gelegt hatte und von Handwerk oder Technik nichts verstand. 2012 zog sie also mit Journalisten-Gatten, der fortan pendeln sollte, und zwei kleinen Kindern und anfangs nicht ohne „Bauchweh“ zurück „in den Süden“, nach Bad Radkersburg. Heute ist sie angekommen.

Dazwischen lagen ein paar Sprünge ins kalte Wasser. Erst war die Insolvenz der Metalwaren-Fabrik Radkersburg zu managen, die ihr Bruder geleitet hatte. Heute sind neue Miteigentümer an Bord und sie leitet als Prokuristin den Bereich Personal und Kommunikation. Dann war erneut Trouble-Shooting angesagt: Nach dem Tod des Vaters 2017 stand der Rauchfangkehrer-Betrieb vor dem Aus, da nur ein Rauchfangkehrer-Meister das Gewerbe ausüben kann. Oder eine Rauchfangkehrer-Meisterin, dachte sich Christina Merlini und absolviert neben Job und Kindern im Schnelldurchlauf die Lehrabschluss- und Meisterprüfung. „Wie ich das geschafft habe, weiß ich heute nicht mehr. Aber wenn man etwas wirklich will, dann geht es irgendwie.“ Heute hat Christina Merlini großen Respekt vor jedem, der eine Rauchfangkehrer-Lehre absolviert. „Das ist eine anspruchsvolle Fachausbildung!“ Jeder wolle heute studieren, dabei hätte man in diesem Lehrberuf noch eine Jobgarantie. Auch für Frauen sei der Beruf attraktiv, mit Dienstschluss bei Vollzeitanstellung von Montag bis Donnerstag um 15.00 bzw. freitags um 12.00 und 4-wöchigem Betriebsurlaub im Sommer, wäre der Beruf leichter mit Familie zu vereinbaren als z.B. Jobs im Handel. Das Gehalt liegt über dem einer Friseurin oder anderer klassischer Frauenberufe. Und das Berufsbild habe sich stark gewandelt, man berate in Sachen Brandschutz und Umweltschutz, ein bisschen Ruß gehöre nach wie vor dazu, aber körperliche Schwerarbeit sei es keine mehr; Sportlichkeit und Selbstorganisation seien hingegen notwendig.

(C) Heimo Binder

Dass Frauen immer noch häufig für gleiche Arbeit weniger bezahlt bekommen, versteht Christina Merlini nicht. „Seit ich selbst Mutter bin, weiß ich, dass man als Frau mit Kindern beginnt, viel effizienter zu arbeiten. Viele Frauen erledigen in einem Teilzeitjob das, was ein Mann im Rahmen einer Vollzeitanstellung erbringt. Im Grunde sind teilzeitbedienstete Frauen ein Segen für die Wirtschaft“. Sie meint, dass es als Frau in einer kleinen Stadt wie Radkersburg leichter sei Kinder und Berufstätigkeit zu vereinen. „Hier können die Kinder zu Fuß in die Schule, es ist alles da, aber komprimiert, ein Dorfleben quasi. Das spart Wege, Zeit und Energie. Ich genieße es mittlerweile sehr mit meiner Familie hier zu leben.“ Um diese Strukturen und die Lebensqualität zu erhalten ist sie für die Bürgerliste Bad Radkersburg in der Gemeindepolitik aktiv. Auch auf der Bühne steht Christina Merlini noch gelegentlich – mittlerweile als Moderatorin. Ihr kommunikatives, optimistisches Wesen macht sie zur Glücksbringerin in ihren vielen Tätigkeitsbereichen und auch ihr hat der ungewöhnliche Berufswechsel nach den familiären Schicksalsschlägen offenbar Glück gebracht.