Im Rahmen des EU-Projekts „Turandot“ untersuchten Forscher der TU Graz eine neue, vom Grazer Unternehmen „Bionic Surface Technologies“ entwickelte, Haifischhaut-Beschichtung für Flugzeugtreibwerke. Flugzeuge werden dadurch sparsamer und leiser.
Ein Triebwerk ist umso effizienter und leiser, je größer und langsamer das Gebläserad ist. Damit das funktioniert, muss die Niederdruckturbine die es antreibt, einen größeren Durchmesser bekommen. Doch je größer dieser Durchmesser wird, desto kürzer und „aggressiver“ muss der Übergangskanal zwischen Hoch- und Niederdruckturbine gestaltet werden. Eine problematische Geometrie, die, so Emil Göttlich vom TU-Graz-Institut für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik, im Triebwerk sogar einen Strömungsabriss verursachen kann. Eine reduzierte Triebwerksleistung wäre die Folge. Daher widmete sich die Arbeitsgruppe von Göttlich genau diesem Übergangskanal als Schlüsselkomponente im Triebwerk, die noch dazu Temperaturen um die 1.000 Grad Celsius aushalten muss.
Sein Team konnte im „Beyond-Europe-Projekt“ Turandot (Turbulence and Duct Surface Optimization in Turbofans) nachweisen, dass eine Haifischhaut-Beschichtung den Wirkungsgrad des Übergangskanals und damit die Triebwerksleistung deutlich verbessert. Die vom Grazer Unternehmen „Bionic Surface Technologies“ entwickelte Oberflächenbeschichtung besteht aus nano- und mikrostrukturierten Rillen, sogenannten Riblets, die die Reibung an der Kanalwand und so den Strömungswiderstand verringern. Göttlich konkretisiert: „Mit der Riblet-Technologie können wir den Druckverlust im Übergangskanal unabhängig von seiner Geometrie um bis zu fünf Prozent reduzieren. Auch wenn das auf den ersten Blick nach wenig klingt, kann so der Treibstoffverbrauch merklich reduziert werden. Das ist nicht nur für die Umweltverträglichkeit der Flugzeuge wichtig, sondern hat auch für Fluglinien einen hohen finanziellen Nutzen, zumal deren Gewinn ungefähr ein Prozent der Kerosinkosten beträgt.“
Völlig neue Erkenntnisse über Kühlluftströmungen
Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde außerdem der Einfluss der Kühlluftströmungen auf die Performance des Triebwerks untersucht. Die Turbinen und der Übergangskanal liegen direkt nach der Brennkammer des Triebwerks und müssen Temperaturen von 1.000 Grad Celsius standhalten. Um einen zu schnellen Verschleiß zu unterbinden, werden die Turbinen und der Übergangskanal mit Kühlluft aus dem Verdichter des Triebwerks gekühlt. Allerdings vermischt sich diese Kühlluft mit der heißen Hauptströmung, die das Flugzeug antreibt, und stört so die Aerodynamik – der Wirkungsgrad des Triebwerks sinkt.
Die Versuche zeigten, dass die Kühlluft in Strähnen durch den Übergangskanal strömt und nicht – wie bisher vermutet – flächig die Wände bedeckt. Das hat erheblichen Einfluss auf den Wärmeübergang der Triebwerkskomponenten, denn die Kühlung ist nicht so effektiv, wie angenommen.
Andererseits können mit diesem Wissen thermische Probleme im Triebwerk gezielt gelöst werden: „Zukünftig können die Triebwerkshersteller durch die variable Anordnung der Turbinenschaufeln bestimmen, wo die Kühlluft-Strähnen im Übergangskanal verlaufen und welche Komponenten verstärkt gekühlt werden sollen“, so Göttlich, der sich dadurch auch Einsparungen bei den Wartungskosten erwartet.
Vom Labor in die Anwendung
Der Triebwerkshersteller „General Electric Aviation“ aus Cincinnati in den USA wird die Riblet-Beschichtung sowie die flexible Anordnungen der Turbinenschaufelnbereits in der nächsten Triebwerks-Generation einsetzen. Flugzeuge werden dadurch leiser, wartungsärmer und treibstoffsparender.