Was ist die Rolle der Biedlleute und wieso werden Bräute am Hochzeitstag durch laute Schüsse aus dem Schlaf gerissen? Gerade bei der Hochzeit kommen viele alte Traditionen aktuell wieder mehr in Mode. Hier sind 7 weniger bekannte, steirische Hochzeitsbräuche, die Brautleuten in der Vergangenheit viel Freude bereitet haben und es zum Teil bis heute noch tun!

© Peter Pataki

1. Die Biedlleute

Damit es überhaupt zur Hochzeit kommt, muss das zukünftige Paar erst einmal verkuppelt werden. In der Vergangenheit wurden dafür in der Steiermark sogenannte Biedlleute ausgesandt, die unter einem Vorwand das Elternhaus der jungen Frau besuchten und schließlich das Thema der Heirat mit dem jungen Mann aufbrachten. Hatten die Biedlleute erfolgreich Amor gespielt, wurden sie mit einem “Kuppelpelz” entlohnt – daher auch die scherzhafte Redewendung, jemand habe sich “einen Kuppelpelz verdient”. Wer sein Biedlleut auch heute noch Wertschätzung zukommen lassen möchte, kann auf einen moderneren Trend zurückgreifen: Statt einem Pelz wird der Verkuppler hierbei durch einen besonders dekorierten Platz auf der Hochzeitstafel geehrt.

2. Das Hand-Anhalten

Wollte ein Bursche in früheren Zeiten um die Hand seiner Geliebten anhalten, so musste er in der Oststeiermark erst Wortwitz und Redegewandheit gegenüber des Brautvaters beweisen. Nach verspielter Wechselrede gab der Brautvater schlussendlich seine Zustimmung in Form einer zünftigen Jause mit Schnaps. Während moderne Männer ihrem zukünftigen Schwiegervater wohl keine Reime mehr vortragen, so ist das Bitten um den Segen des Vaters immer noch eine beliebte Tradition und endet vermutlich vielerorts auch heute noch in einer gemeinsamen Jause.

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3. Das Hochzeitsschießen

Ist der Hochzeitstag endlich gekommen, beginnt dieser in der Steiermark traditionell mit einem ordentlichen Knall: Beim Hochzeitsschießen wird die Braut mit Schüssen, Böllern oder lauter Musik aufgeweckt. Wie bei vielen Hochzeitstraditionen soll der Lärm böse Geister vertreiben. Schläft der zukünftige Ehemann dem Brauchtum entsprechend separat von der Braut in seinem Elternhaus, so bleibt dieser allerdings vom unsanften Erwachen verschont – die bösen Geister sind wohl sehr auf die Braut fixiert!

4. Die falsche Braut

Aus demselben Ursprung entstand auch die Tradition der Brautjungfern, die in Österreich auch Kranzlbräute genannt werden. Diese sollten mit ihren schönen Kleidern der Braut ähnlich sehen und so die Geister verwirren, damit diese die echte Braut nicht mehr erkennen konnten. Auch der Brauch eine “falsche Braut” vorzuschicken, wenn der Bräutigam am Morgen die Braut abholen möchte, hat diesen Hintergrund. Zusätzlich wird die falsche Braut meist vom Beistand des Bräutigams entlohnt, was die Hochzeitskassa aufbessert.

5. Zubraut und Zubräutigam

© Steiermark Tourismus / Volkskultur Steiermark / Jenni Koller

Neben den Beiständen bzw. Trauzeugen gibt es in der Steiermark außerdem laut Brauchtum die Zubraut, die erste und wichtigste Brautjungfer, sowie ihr männliches Gegenstück, den Zubräutigam. Genauso wie die Trauzeugen geht diese Tradition bis ins Mittelalter zurück. Neben organisatorischer Verantwortung geht der Titel der Zubraut bzw. des Zubräutigams mit einer gewissen Ehre einher, die sich mancherorts darin äußert, dass die Zubraut den Bräutigam und der Zubräutigam wiederum die Braut in die Kirche geleiten darf.

6. Das Holzstamm-Sägen

Nach der Kirche vertreiben sich die Hochzeitsgäste gerne mit traditionellen Spielen und Überraschungen die Zeit. Lustige Unterhaltung bietet etwa das gemeinsame Zersägen eines Holzstammes, das bei keiner steirischen Hochzeit fehlen darf. Die Aufgabe soll das erste Hindernis darstellen, das die Eheleute gemeinsam überwinden. Besonders beliebt macht diesen Brauch heutzutage auch die Möglichkeit, kleine Holzscheiben aus dem Stamm von den Gästen unterschreiben und bemalen zu lassen und so eine besondere Variante eines Gästebuchs zu gestalten. Ein herzförmiger Stamm (etwa vom Verband der steirischen Holz- und Forstwirtschaft) macht sich besonders gut zu diesem Anlass.

7. Der Kranzerltanz

Das Kranzerl ist der runde, meist mit Blumen besteckte Kopfschmuck der Braut. Lange fallende Haare, die von einem Kranzerl aus der Stirn gehalten wurden, waren einst Teil der jungfräulichen Tracht – im Gegensatz zu den hochgebundenen Haaren verheirateter Frauen, die in manchen Teilen Österreichs unter einer Haube, getragen wurden. Der Brautkranz wird traditionell um Mitternacht abgenommen bzw. abgetanzt. Wird ein Brautstrauß geworfen, passiert dies auch zu diesem Anlass. Beim Kranzerltanz um Mitternacht soll jeder Hochzeitsgast einmal mit Braut oder Bräutigam tanzen. Um ein erstes Haushaltsgeld für das frisch verheiratete Paar zusammenzutragen, wird dieser Tanz von den Gästen laut Tradition “erkauft”. Der Gast, der dabei am großzügigsten spendet, erhält am Ende der Nacht das Brautkranzerl!