Was aus dem Land wird, weiß der Landwirt – Teil 3 von 4
Der Klimawandel ist real, die Globalisierungskritik ebenfalls – und zwischen all den Hypes um biologisch, regional oder vegan müssen jene Unternehmungen überleben, die unsere Kühlschränke füllen. Vorhang auf für vier besonders findige Lebensmittelproduzenten aus der Oststeiermark, die mit ungewöhnlichen Konzepten auf große Fragen der (Ernährungs-)Zeit reagieren.
In Zeiten der Klimakrise stellen sich die Konsumenten naturgemäß die Frage nach der Herkunft. Gerade bei Lebensmitteln. Während das Label »biologisch« in vielen Bereichen des bürgerlichen Lebens immer selbstverständlicher wird, ist Regionalität ein Trend, der eigentlich nie einer war, weil es immer schon angesagt war, Obst und Gemüse aus der Umgebung zu beziehen. Aber globalisierte Gesellschaften lernen auch neue Produkte kennen, die sich heimlich, aber stetig über Ethnoküchen eine Nebenrolle in unseren Speiseplänen sicherten und in vielen österreichischen Haushalten mittlerweile zu Hauptdarstellerinnen mutierten. Wenn diese Produkte dann nicht nur schmackhaft, sondern auch noch so gesund sind wie Ingwer und Kurkuma, was wäre da nur allzu praktisch? Richtig, Ingwer und Kurkuma regional zu beziehen. Und das geht auch. Dank Irene Gombotz.
Die Obfrau der »Jungen Wilden«, der Junglandwirt:innenvereinigung aus der Steiermark, machte sich schon vor Jahren mit steirischen Mini-Wassermelonen einen Namen. 2017 übernahm sie den elterlichen Betrieb, der einst für Tomaten und Ackerbau bekannt war, und stellte auf Beeren um. Himbeeren, Heidelbeeren, Kiwibeeren und Ribiseln produziert Gombotz heute. Weiterhin in Straden, im Südosten des Vulkanlands, und in so großem Stil, dass sie damit sogar die Lebensmittelkette Spar österreichweit beliefern kann. Und diesen Herbst versorgt sie – zumindest steirische – Supermärkte zum zweiten Mal mit Kurkuma und Ingwer. Wie bei den Beeren ebenfalls in Bio-Qualität. »Wir haben es im Herbst 2019 erstmals probiert«, erzählt sie. »Aus dem einfachen Grund, dass das beliebte Produkt sind, die es im Geschäft aber nur aus dem Ausland zu kaufen gab.« Im Burgenland und in Deutschland wurden vergleichbare Projekte besucht. Es sind winterfeste Sorten, die sie hier in Gewächshäusern anbaut und für uns bei unserem Besuch im September frisch aus der Erde holt. »Die Wurzeln brauchen eine hohe Luftfeuchtigkeit und Wärme.«
»Ich will eh schauen, wie die Wurzeln heuer gedeihen«, sagt sie. Und zeigt den überraschten Städtern dabei gleich, wie so eine Ingwerpflanze eigentlich aussieht, im Supermarkt findet sich ja nur die Wurzel selbst. In etwa wie zu groß gewachsener Frühlingszwiebel könnte man sagen. »Die Ingwerpflanze selbst kann in der Küche auch eingesetzt werden«, erklärt sie, ehe sie uns ein Stück Ingwer in die Hand gibt, der aus Peru kommt. »Der regionale Ingwer hat den großen Vorteil, dass er außen nicht getrocknet ist. Man muss die Schale nicht entfernen.« Wenige Gewächshäuser weiter landen wir bei großen grünen Blättern, die an Bananenstauden erinnern. Und einen ruckartigen Stich in die Erde später riechen wir an steirischem Kurkuma. »Wir ernten ab Mitte Oktober, aber nicht alles auf einmal. Einen Tag nach Ernte sind die Wurzeln im Geschäft.« Bis zum zweiten Advent soll die Ernte heuer abgeschlossen sein.
Text adaptiert von “Was aus dem Land wird, weiß der Landwirt” (Fazit #177, November 2021) von Peter K. Wagner