Was aus dem Land wird, weiß der Landwirt – Teil 1 von 4
Der Klimawandel ist real, die Globalisierungskritik ebenfalls – und zwischen all den Hypes um biologisch, regional oder vegan müssen jene Unternehmungen überleben, die unsere Kühlschränke füllen. Vorhang auf für vier besonders findige Lebensmittelproduzenten aus der Oststeiermark, die mit ungewöhnlichen Konzepten auf große Fragen der (Ernährungs-)Zeit reagieren.
Die steirische Toskana liegt doch im Raabtal
Richtig gelesen: steirische Olive, nicht nur mehr als Werbebotschaft, sondern richtig »Toskana« im Süden von Graz. Oder genauer gesagt: Südosten in diesem Fall. Die Geschichte geht so: Im April pflanzte der Raabtaler Lukas Weber gemeinsam mit seiner Freundin und seinen Eltern 250 Olivenbäume auf einem Grundstück, das unweit seines Elternhauses liegt. »Wir haben vom Großonkel eine Landwirtschaft geerbt«, erzählt Weber, als wir ihn im Raabtal besuchen. Da seine Eltern im Bankwesen tätig sind, wurden die Ackerflächen zu Wildacker. »Wir sind Jäger, ein paar Gründe haben wir verpachtet«, erklärt er weiter. »Auch das Feld war lange verpachtet«, sagt er bald und zeigt auf eine große Fläche unterhalb seines Wohnhauses. »Aber jetzt, ja, jetzt ist es mein Olivenhain«, erklärt er und grinst stolz. »Ein paar Bäume tragen bereits Oliven«, sagt er. »Aber allgemein wird die Ernte nicht besonders groß ausfallen heuer.«
Aufgrund der Bodenbeschaffenheit dürften die einen Exemplare mehr Ertrag bieten als die anderen. Die gesetzten Bäume kamen von einer italienischen Baumschule zu ihm ins Raabtal, sind aber eine spanische Sorte und gelten als besonders kälteresistent. Das Know-how rund um die zur Gattung der Ölbäume zählende Nutzpflanze holte er sich in Eigenrecherche übers Internet und in Fachliteratur, bald will er auch bio-zertifiziert sein. Ganz am Anfang seines Hains finden sich zwei ältere Olivenbäume, die er bereits vor drei Jahren zur Probe gesetzt hat. Fürs richtige Überwintern setzt er auf weiße Kalkfarbe am Starm und Stroh auf dem Boden.
Noch fünf Jahre bis zum Öl
»Ich habe es hier auf dem Feld auch schon einmal mit Kürbis probiert und wollte eigenes Kürbiskernöl produzieren, aber der Ertrag war nicht so, wie ich mir das vorgestellt hab. Auf die Olive bin ich gekommen, weil ich ein großer Fan der Olive bin«, erklärt er. Den ersten Olivenhain Österreichs beherbergt Lukas Weber allerdings nicht. 2017 startete in Mörbisch am Neusiedlersee ein Projekt namens »Oliva«, von dem Lukas auch seine »Probebäume« erwarb. Unlängst begann auch das Weingut Skoff damit, Olivenbäume zu setzen.
So wie die Kollegen aus Ostösterreich seine Vorbilder waren, wurde er in den vergangenen Wochen zum potentiellen Vorbild in der Region. »Wir haben eigentlich nicht das richtige Klima für die Oliven, aber wir können den Pflanzen helfen, dass sie es bei uns aushalten«, sagt der Student der Umweltsystemwissenschaften. Olivenbäume tragen in unseren Gefilden Ende November oder Anfang Dezember. Heuer wird er die Früchte einlegen. Olivenöl wird er noch keines pressen. »Ich schätze, in fünf Jahren werde ich genug Oliven haben, um auch Öl produzieren zu können.«
Text adaptiert von “Was aus dem Land wird, weiß der Landwirt” (Fazit #177, November 2021) von Peter K. Wagner