Verwandte des ersten US-Präsidenten in Graz? Jawohl! Erfahren Sie, wie es die einflussreichen Mitglieder der Familien Washington nach Graz verschlagen hat, wie diese lebten und wo sie das Zuhause des steirischen George Washington noch heute bewundern können.

Das Wappen der Familie Washington am St. Peter Friedhof
Exlibris des ersten US-Präsidenten George Washington

Auf einem der imposantesten Grabmäler im evangelischen Teil des St. Peter Friedhofs in Graz findet sich ein Wappen, das so manchem Amerikaner oder vielgereistem Österreicher bekannt vorkommen mag. “Exitus acta probat”, also “Der Zweck heiligt die Mittel”, prangt unter dem reich dekorierten Wappen, das drei Sterne über zwei dicken Querstreifen abbildet und mit einer Krone geschmückt und von zwei Greifen umgeben ist. Ganz klar: Das ist die Flagge der Stadt Washington, D.C. in den Vereinigten Staaten von Amerika, die dieses Grabdenkmal ziert. Aber was hat die amerikanische Hauptstadt denn mit Graz zu tun?

Autokennzeichen aus Washington, D.C., das die heutige Flagge zeigt.

Errichtet wurde das Grabdenkmal für “Max” (siehe Bild), genauer gesagt Maximilian Emanuel Freiherr von Washington. Dieser ist ein direkter Verwandter des etwa 100 Jahre früher lebenden Gründungsvaters George Washington. Aus dem Vermögen seiner Gattin Friederike wurde das Schloss Pöls in der heutigen Gemeinde Dobl-Zwaring in der Steiermark gekauft, das das Ehepaar leidenschaftlich bewirtschaftete. Ein besonderer Stolz war etwa, dass Kaiser Franz Joseph I. bei seiner Krönung zum König von Ungarn auf einem Hengst aus dem Pölser Gestüt ritt. Dem Kaiser gab Maximilian später auch eine Führung in der Sektkellerei Kleinoscheg, die noch heute in Gleisdorf weitergeführt wird.

Die Familiengruft der Grazer Washingtons
Max Freiherr von Washington

Auf Schloss Pöls gebar Friederike auch ihre beiden Söhne: George, benannt nach seinem angesehenen Vorfahren, und Stefan. Während Stefan früh starb, heiratete George Gräfin Gisela von Welsersheimb, die genauso am Friedhof in St. Peter begraben liegt. Die kinderlose Ehe ließ George erwägen, einen amerikanischen Verwandten als Erben zu adoptieren. Dem amerikanischen Familienzweig ließ sich durch einen Siegelring seines Großvaters Jakob, der das Familienwappen abbildete, sowie durch Porträts seines Vaters und Großvaters die Verwandtschaft beweisen. Jakobs Familienlinie trennte sich von der des US-Präsidenten aber schon im 14. Jahrhundert. Während Vorfahren aus Georges und Jakobs Familienzweig im 17. Jahrhundert aus England nach Kontinentaleuropa auswanderten, emigrierten jene aus dem Zweig des US-Präsidenten ins damals englische Virginia in den heutigen USA aus, wo ihr Wappen als Vorbild für die Flagge der amerikanischen Stadt Washington, D.C. wirkte.

Schloss Pöls in der Topographia Ducatus Stiriae von Vischer

Nachdem Österreich-Ungarn sich aber ab 1916 im Krieg mit den USA wiederfand, wollte wohl kein amerikanischer Verwandter das Erbe von George antreten. Nach Giselas Tod heiratete George ein zweites Mal und Schloss Pöls fiel schlussendlich an die Nachfahren aus der ersten Ehe der neuen Gattin. Die vielen Erinnerungsstücke aus dieser Zeit sind seither in Graz und der Steiermark verstreut. Das Haus in dem “unser” Georg Washington zuletzt lebte kann immer noch bei einem gemütlichen Spaziergang in Graz-Geidorf bewundert werden: Die Villa der Auersperggasse 8 ist heute genauso schön wie zu seinen Lebzeiten.

Auersperggasse 8 (Map data © 2019 Google)

Zum Weiterschmökern:
– Margarethe Pauly: Friederike von Washington, Herzogin von Oldenburg (1820-1891): und ihre Familie. Eine Spurensuche in der Steiermark.
Gemeindechronik Zwaring-Pöls