SteierMag traf Theatermacher Ed Hauswirth und sprach mit ihm über Kunst in Zeiten von Corona. Statt Schwarzmalerei gab’s Espresso, Pragmatismus und eine Vorschau auf die nächsten Projekte. Bereits am 28. Juli wird im Rahmen von La Strada am Andritzer Hauptplatz wieder (Live-)Theater gemacht.
Desinfektionsmittelspender im Eingangsbereich, kreatives „Taping“ zwecks Abstandsmarkierung am Fußboden. Auf den ersten Blick sind das die einzigen Spuren, die Corona im Grazer “Theater im Bahnhof” (TiB) in der Elisabethinergasse hinterlassen hat. „Wenn es das gewesen sein sollte, dann sind wir noch einmal glimpflich davongekommen“, zieht Ed Hauswirth, das künstlerische Oberhaupt des TiB vorsichtig Zwischenbilanz, während er erfolgreich versucht die Espressomaschine in Betrieb zu nehmen. Das TiB mit Aushängeschildern wie Pia Hierzegger und Michael Ostrowski ist sowas wie die traditionsreichste dramatische Experimentierküche der Stadt und kann mit dieser vermeintlichen Ambivalenz gut leben. Das Theater konnte alle 15 angestellten Mitarbeiter für zwei Monate in Kurzarbeit schicken und damit vorerst den existentiellen Druck rausnehmen.
Exemplarisch ist das TiB für die an Freiberuflern reiche Off-Szene damit nicht, Solidarität mit kleineren Ensembles und Theatern und der Kunst- und Kulturszene generell sei angesagt. Dass die Regierung das Epidemiegesetz abgeändert und somit den Rechtsanspruch auf Entschädigung ausgehebelt hat, sieht Ed Hauswirth als Grundübel und „großes Foul“. Schwarzmalen ist aber nicht seine Sache, während er noch vor den Proben in Ruhe seinen Espresso trinkt, fällt ihm sogar Positives auf: „Es wurde in der Krise erstaunlich wenig über Künstler geschimpft“. Künstlerisch habe man eben geschaut, wie man mit den veränderten Rahmenbedingungen umgeht, was möglich ist. „Die Online-Schiene hat einige neue Türen aufgemacht, aber sie gerät auch relativ schnell an ihre Grenzen, Theater ist eben Versammlungskunst“, hält Hauswirth fest. Einige Experimente haben sich als nachhaltig erwiesen, an manchem wird noch getüftelt. So hat sich das „Talkshow“-Format „Zu Gast“ mit Pia Hierzegger etwa als Online-Adaption so gut bewährt, dass auch in Zeiten nach Corona interessante Gäste via Zoom-Konferenz der Schauspielerin Rede und Antwort stehen werden. Das Publikum klinkt sich dabei live und interaktiv nach dem pay as you wish-Prinzip ein. Einzig die Co-Produktion „Casting Tibor Foco“ mit dem Linzer Theater Phoenix musste komplett abgesagt werden, stattdessen wurde ein Making of-Film produziert, der gestreamt werden kann.
Ein wenig fühle man sich derzeit wie im „Nachholsommer“, statt Zittern vor der Nachpüfungen gibt’s Vorfreude auf nachgeholte, teiladaptierte Produktionen, wie z.B. „Oktoberfest“, das im Rahmen des Kulturjahres 2020 nun im September stattfinden wird. Danach geht es gleich weiter mit einem Projekt für den steirischen herbst, der sich 2020 umständehalber großteils als Online-Festival präsentiert. Zuvor aber ist im Rahmen von La Strada ab 28. Juli in Kooperation mit workinglifebalance.ltd „This city‘s loneliness/ Die Einsamkeit in dieser Stadt“ am Andritzer Hauptplatz zu erleben. Das Thema Einsamkeit hat das Team bereits vor Corona bewegt, aufgrund der Pandemie können die Statisten nicht live auftreten, daher Smartphone und Kopfhörer nicht vergessen! Der Pressetext verspricht nicht weniger als die „Erinnerung an ein anarchisches Fest der Liebe und der Angst“. Bevor Ed Hauswirth weiter zur nächsten Probe muss, outet sich der Theatermacher nochmal als unerschütterlicher Optimist. „Mir scheint, der Schrecken, den uns Corona eingejagt hat, hat neben diversen Verschwörungstheorien auch ein Erwachen der Vernunft bewirkt.“ Man möchte ihm gerne glauben.
THIS CITY´S LONELINESS / DIE EINSAMKEIT IN DIESER STADT TEAM
Text: Johannes Schrettle
Performance: Eva Hofer, Christina Lederhaas und Johannes Schrettle
Technik: Claudia Holzer und Moke Rudolf-Klengel mit den Stimmen von Walter Cadek, Erich Feistritzer, Tatjana Fiedler, Anna Guter, Maria Geder, Maria Hofer, Sarah und Richard Klengel, Maggie Midea, Gabi Nussbaumer, Elfi Schalk, Eva Scheibelhofer – Schroll, Erni Willrich, Outside Eye: Monika Klengel Produktionsleitung: Katharina Dilena
Zeit: 28. bis 31. Juli, jeweils um 17, 18 und 19 Uhr
in Kooperation mit workinglifebalance.ltd „This city‘s loneliness/ Die Einsamkeit in dieser Stadt“
Ort: Andritzer Hauptplatz
Tickets: +43 (0) 316 26 97 89 oder tickets@lastrada.at
www.lastrada.at/tickets