Im Rahmen des Kulturjahrs 2020 der Stadt Graz bewaffnet die Neigungsgruppe K.O. Bürger der Stadt Graz. Mit einer limitierten Serie von Mini-Skulpturen. Was das soll, erklärt das SteierMag.
„Wie wir leben wollen“, fragte sich die Band Tocotronic vor einigen Jahren ein Musikalbum lang. 2020 lautet so das philosophische Motto des Grazer Kulturjahres, das zugleich auch eine Schwerpunktsetzung von Kunstinterventionen im öffentlichen Raum vermuten lässt. Die Neigunsgruppe K.O. bestätigt mit ihrer Aktion 7.000 Pfeffersprays den „Kunstverdacht“ im urbanen Raum.
Wieviel Sicherheit verträgt die Stadt? In Zeiten wo man täglich eine reichhaltige Palette von „Themen zum Fürchten“ serviert bekommt, wird Sicherheit zum politischen Dauerbrenner. Auch Graz geht trotz sinkender Kriminalität mit dem Sicherheitsstadtplan, dem Heimwegtelefon, den Schutzzonen, der Ordnungswache, dem Bettelverbot, dem Sicherheits-Informationszentrum oder dem Projekt „Sicheres Nachtleben“ usw. scheinbar auf Nummer sicher. Ist Graz, die mediale „Hauptstadt der Verbote“, ein Kontrollfreak? Wird mit Maßnahmen Angst gemildert oder vielmehr erst geschürt? Was passiert, wenn Randgruppen zu Sündenböcken degradiert und Symptome mit Ursachen verwechselt werden? Wie ist die Dynamik der wechselseitigen Verhältnisse von Freiheit, Angst und Reglementierung? Wie lässt sie sich gestalten und wie lebt es sich darin? Solche Fragen stößt das Projekt „7.000 Pfeffersprays“ der dreiköpfigen Neigungsgruppe K.O. an. Das Künstlerkollektiv besteht aus dem Bildhauer Markus Wilfling, der 2003 im Kulturhauptstadtjahr dem Uhrturm zu seinem temporären Schatten verhalf, der Theatermacherin Johanna Hierzegger vom Theater im Bahnhof und dem Künstler und Journalisten Martin Behr (G.R.A.M.).
Aber sicher doch
Als Antwort auf Aktionen der Identitären und anderer rechtsextremistischer Gruppen, die durch die Verteilung von Pfeffersprays an Passanten mit Ängsten spielen, verteilt die Neigungsgruppe K.O. eine limitierte Serie von 7.000 Betonabgüssen in Form und Größe eines Pfeffersprays. Die Mini-Skulpturen sind nummeriert, signiert und mit Beipackzettel im schwarzen Samtbeutel verpackt.
Neben dem ironischen Verweis auf die „Bewaffnung“ der Bevölkerung durch rechte Angstschürer, spielt die Kunstaktion auch auf das „Stadtverwaldungsprojekt“ „7.000 Eichen“ des Künstlers Joseph Beuys bei der Kasseler documenta 1982 an. Während dieser 7.000 Bäume in die Stadt pflanzen ließ, gelingt es dem Kollektiv vielleicht mit einem Zwinkern eine offene Geisteshaltung in den öffentlichen Raum und die Köpfe der Bevölkerung von Graz 2.0. zu pflanzen. Teil des Projektes ist auch eine Plakatserie, die Schauspielerin Pia Hierzegger und den ehemaligen Caritas-Präsidenten Franz Küberl als prominente Werbegesichter von der Litfaßsäule „lachen“ lässt. Ironischer Slogan: “Sicher ist sicher”.