Durch einen Unfall kam Josef Troger zum Holzschnitzen. Doch berühmt ist er über das Mariazellerland hinaus dank seiner Söhne. Denn die hatten dereinst eine ganz grässliche Bitte an den Herrn Papa. Sie wollte eine Krampusmaske. Also begann er, zu schnitzen. Und hörte nicht mehr auf.
Wenn Josef Troger von seinem Wohnzimmer auf die Terrasse geht, dann kann er seine Leidenschaft mit allen Sinnen wahrnehmen. Im Tal unten liegt das Sägewerk Gußwerk, wo einst von den Bundesforsten Österreich und heute von den Fertighausbauern von Thoma, tagtäglich Holz verarbeitet wird. Ja, seit 1907 schon steigt der Duft des frischen Holzes von hier aus nach oben in Richtung des Tribein. Und dieser Tribein, der ist wie die meisten Berge im Mariazeller Land dicht bewaldet. Es sind nur ein paar Meter bis zum Ende des Grundstücks von Josef Troger und damit zum Beginn der Forstflächen. Aber der kurze Weg, der den Duft des Waldes immer stärker werden lässt, ist beschwerlich. Es ist ein steiler Anstieg, der Josef Troger allerdings auch mit 80 Jahren nicht abhalten kann. Noch immer geht er ihn fast täglich. Denn dort oben, in einer Hütte, wartet auf ihn, was ihn die vergangenen Jahrzehnte unzählige Stunden beschäftigten sollten – seine Leidenschaft, die er selbst ganz kleinlaut auf seiner Visitenkarte als Hobby bezeichnet: die Holzschnitzerei.
Mitten im Raum steht er, der nicht besonders große, aber noch immer fitte Herr und beginnt zu erzählen. „Ich hatte einen Unfall“, erinnert er sich. „Über 100 Tage war ich im Krankenstand, nachdem ich am Grundstück abgerutscht bin. Drei Mal habe ich mich überschlagen.“ Der steile Hang, auf dem er einst sein Haus selbst erbaute, wurde ihm damals zum Verhängnis. Er rutschte tief ab, verletzte sich schwer und landete im LKH Mariazell. Die lange Abstinenz von der Arbeit bei den Bundesforsten langweilte ihn. Er fing an, zu schnitzen. Stets mit Zirben- oder Lindenholz, die sich dafür besonders eignen würden. Und er hörte nie mehr auf. Bis heute nicht. „Es ist nicht mein einziges Hobby“, sagt er zwar. „Im Sommer, da fahr ich eigentlich lieber zum Erlaufsee und geh’ eine Runde schwimmen.“ Aber dass das Schnitzen eben doch ein bisschen mehr ist, das lässt sich nicht zuletzt in seinem Haus erkennen.
Wenn er so durch seine Räume und Zimmer führt, und mit seinen massiven Händen, wohl trainiert vom jahrzehntelangen täglichen Schnitzen und der harten Arbeit im Berufsalltag, auf die Exponate zeigt, dann kommt dem Besucher vor, er nimmt teil an einer kleinen Zeitreise durch die wichtigsten Stationen im Leben eines Menschen, der alles, was er sich vornahm, stets mit voller Hingabe machte. Und sich vor allem nie davor scheute, selbst anzupacken. Und genau dieser, in der schnelllebigen, heutigen Zeit, selten gewordene Eigenschaft verdankt Josef Troger, dass er über die Schnitzerei sogar zu ein bisschen überregionaler Berühmtheit gelangte. Und gar das Fernsehen oder die Zeitungen schon das eine oder andere Mal bei ihm an die Tür klopften. Diese Berühmtheit, sie rührt von der Schnitzerei, ja, aber von einer ganz besonderen, die er nun zum Abschluss präsentiert: dem Schnitzen und Fertigen von Krampusmasken.
Josef Troger und seine Frau haben drei Söhne muss man dazu wissen. Einer davon, Christian mit Vornamen, ist heute mit dabei. Er und seine zwei Brüder hatten vor über vierzig Jahren einen großen, aber gar grässlichen Wunsch, den sie ihrem Herrn Vater frei von der Leber vortrugen: Sie wollten eigene Krampusmasken, so wie jene, die man von den traditionellen Krampusläufen kennt. „Also habe ich eben begonnen, Krampusmasken zu schnitzen“, erzählt Troger. Behutsam und andächtig erklärt er die verschiedenen schaurigen, teuflischen Werke, von den über 40 in diesem Raum zu finden sind. Teufel, Bären, Wölfe oder andere Kreaturen sind es, die sie darzustellen wissen. Keine Aliens oder Orks aus Herr der Ringe, sondern stets traditionelle Motive, wie sie schon seit Jahrhunderten als altes Brauchtum immer Anfang Dezember verwendet werden. Bis zu 15 Kilo wiegen die ältesten Masken. Von Maske zu Maske lernte Troger dazu, wählte neue Formen von Verschlüssen oder Polsterungen und optimierte das Gewicht. Vom Schnitzen, über das Bemalen bis hin zum Einlassen oder dem Anbringen der Hörner – alles wird von Troger selbst gefertigt. Die Figuren schuf er meist einfach frei aus seiner Fantasie. Auch Felle hat Troger im Repertoire, selbstverständlich von ihm selbst genäht.
Und dass es mittlerweile so viele Masken sind, hat einen simplen Grund: Der Trogerpass ist jährlich unterwegs. Immer am 5. Dezember. Auch heuer wieder.