Das Wirtschaftsmagazin FAZIT stellte uns ein Interview mit Phillip Gady zur Verfügung, der das Familienunternehmen in dritter Generation führt. Der 35-jährige Sohn des 2015 verstorbenen ehemaligen Wirtschaftskammer- und Sturm-Graz-Präsidenten Franz Gady ist bereits seit mehr als zehn Jahren Geschäftsführer eines der größten Autohäuser des Landes. Das Gespräch führte Volker Schögler. [Fotos: Heimo Binder]
Gady wurde vor über 80 Jahren als Fahrradhandel gegründet. Inzwischen gibt es mehr als 300 Mitarbeiter an 12 Standorten. Was waren die grundlegenden Veränderungen, was sind die Herausforderungen heute?
Die Herausforderung bei einem Familienunternehmen ist zunächst immer der Generationsübergang. Der erste Generationsübergang war sehr überraschend, weil der Großvater tödlich verunglückt ist. Damals war das Unternehmen viel kleiner und die Situation schon anders. Heute gibt es natürlich die wechselnden wirtschaftlichen, technologischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, mit denen wir tagtäglich konfrontiert sind. Ein Handel- und Dienstleistungsunternehmen wie wir ist auch gefordert durch die technischen Innovationen der Produkte, die wir verkaufen. Die Dynamik hat natürlich zugenommen in allen Bereichen.
Das bezieht sich nicht nur auf das Autogeschäft?
Nehmen Sie als Schlagwort die Landwirtschaft 4.0: die Vernetzung der Landwirtschaft, der Landwirt als professioneller, effizienter, ganz genau kalkulierender Unternehmer, mit den richtigen technischen Produkten dazu – das ist eine riesige Herausforderung in den letzten Jahren gewesen. Erstens einmal die Produkte zu verstehen, zu kennen, zu verkaufen und servicieren zu können und die Produkte den Landwirten auch näherzubringen. Zweitens die technische Innovation in dieser sehr dynamischen Zeit, was die Entwicklung der Motoren betrifft. Das stellt nicht nur die Kunden vor Herausforderungen, sondern auch uns als Handels- und Dienstleistungsbetrieb. Das gilt sowohl für den Landmaschinen- als auch den Autosektor.
Sie sind 2007 als 23-jähriger in das
Unternehmen eingestiegen, haben mit 25 die Geschäftsleitung übernommen, als ihr
Vater Franz und sein Bruder Gerhard noch das Unternehmen geführt haben. 2015
ist ihr Vater gestorben, Sie haben auch noch vier Geschwister – wie haben Sie
das Unternehmen zusammengehalten?
»Der aane Bua wird Handler, der andere wird Bauer«, hat mein Großvater verfügt,
bevor er verunglückt ist. So hat mein Vater das Unternehmen übernommen und mein
Onkel die Landwirtschaft, er ist aber später ebenfalls eingestiegen. Gerhard
und Franz Gady haben das Unternehmen Gady zusammen aufgebaut, Hand in Hand
gearbeitet, fast über sechs Jahrzehnte. Ohne einen einzigen Vertrag miteinander
abzuschließen, haben sie mehrere Unternehmungen gemeinsam gegründet. Wenn dann
die nächste Generation hineinkommt, dann hat man grundsätzlich als
Vorgängergeneration die Verantwortung, Vorsorgen zu treffen, damit man das
Unternehmen auch übergeben kann. Das haben wir dann nach meinem Einstieg
gemeinsam gemacht, und nach einigen Jahren der Vorbereitung und der intensiven
Diskussion mit der anderen Familienseite, also der Familie Gerhard Gady, haben
wir es geschafft, dass wir im Jahr 2013 die Unternehmungen Gady getrennt haben,
sodass alles was Sie jetzt als Gady kennen, das rot-blau-weiße Markenlogo, der
Gady Markt in Lebring, Gady BMW, Gady Mini, die Gady Landmaschinen und Gady
Opel zu hundert Prozent in unserem Eigentum ist. Und Toyota Gady mit vier
Standorten ist mein Onkel Gerhard mit meiner Cousine Elisabeth gemeinsam.
Und Gady Opel ist aus Salis & Braunstein hervorgegangen?
Im Zuge unserer Erweiterung der Geschäftstätigkeiten hatten wir die Chance, am 29. Oktober 2012 den lebenden Unternehmensteil, die »Autohaus Salis und Braunstein GmbH«, aus dem gesamten Firmenkonvolut herauszulösen und zu erwerben. Wir haben die gesamte Historie des Stammbetriebes mit allen rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit beiden Standorten übernommen. Wir haben dann die Restrukturierung und Sanierung ab Ende 2012 gemacht und mit 1.1.2016 umgebranded auf Gady Opel GmbH und in der »Gady Family« hochoffiziell auch mit dem Markennamen herzlich willkommen geheißen.
Sie sind seit 2015 zu hundert Prozent Eigentümer all dieser Unternehmungen?
Ja, und wir sind besonders stolz darauf, dass wir die Trennung von der zweiten Familienseite, zwar mit intensiven Diskussionen und vielen Verhandlungsrunden, so geschafft haben, dass es für beide Familienseiten gut gepasst hat. Auch vor allem in unserer eigenen Familie, der Familie Franz und Ingrid Gady, sind wir sehr stolz gewesen, dass wir bei fünf Kindern diesen Generationsübergang ganz sauber so geklärt haben, dass alle Geschwister genau das machen können, was sie auch wollen. Und dass alle mit Begeisterung noch immer zu den Gady Märkten und den Veranstaltungen des Unternehmens kommen – das ist keine Selbstverständlichkeit bei Familienunternehmungen.
Was umfasst die erwähnte Gady Family alles?
Die Gady Family ist das Dach über alle unsere Unternehmungen und spiegelt eigentlich die gesamte Unternehmensgemeinschaft samt Kunden wider. Unter dieser Dachmarke haben wir fünf Submarken: Gady BMW, Gady Mini, Gady Opel und Gady Landmaschinen, unsere Stammsparte, mit der das Unternehmen gegründet wurde. Dazu kommt eine eigene Submarke, der Gady Markt in Lebring, das steirische Volksfest. Wir kommen aus der Landmaschine, haben ein paar Hauptmarken, vor allem zwei Traktor-Hauptmarken, nämlich Steyr Case IH und Massey Ferguson, sind der Partner für die professionellen Landwirte und sind stolz, dass wir einer der längstdienenden Landmaschinenhändler in Österreich sind. Bei den Automarken haben wir ein ganz klar strukturiertes Angebotsportfolio – wir haben die Premiummarke BMW, die Nischen- und Lifestylemarke Mini und Opel in der gehobenen Mittelklasse und für die leichten Nutzfahrzeuge, so dass wir sagen können, wir haben grundsätzlich mit drei separaten Automarken fast alle Bedürfnisse sämtlicher Kunden abgedeckt.
2015 ist mit Eugen Roth der vormalige Bankdirektor der Raiffeisenbank Leibnitz als zweiter Geschäftsführer geholt worden. Hat sich seitdem etwas verändert?
Von diesem Zeitpunkt an haben wir versucht, auf dem starken Fundament von Gady aufzubauen, das Unternehmen für die Zukunft fit zu machen und neu zu strukturieren, das haben wir mit der Schaffung der Marke Gady Family und den Submarken auch gemacht. Unsere klare Leitidee: Die Gady Family will mit allem, was sie tut, bewegen, daher »die Gady Family bewegt«. Wir bewegen mit den Produkten, die wir verkaufen, wir bewegen mit den Produkten vielleicht auch die Emotionen der Menschen. Und wir haben eine knackige und kecke Vision formuliert: Wir wollen versuchen, der Maßstab zu sein. Vor allem sind wir ein werteorientiertes Familienunternehmen, das heißt, es gibt vier Grundwerte, die die rotblauen Leitlinien sind, für alles was wir tun: der Wert der Tradition – als langjähriges Familienunternehmen und mit dem Bekenntnis zum Brauchtum; als Unternehmen ist der Wert der Leistung wichtig – wir bringen Leistung für unsere Kundinnen und Kunden, fordern Leistung ein von unseren Lieferanten, wir sind aber auch auf die Leistung unserer Mitarbeiter stolz. Der dritte Wert ist der Stolz – ich sage immer »ich bin ein stolzer Steirer, ein begeisterter Österreicher und ein glühender Europäer«. Der vierte und stärkste Wert ist das Vertrauen – von meinem Vater stammt der Spruch: »Wir waren nie die Größten, wir waren auch nie die Besten, aber wir haben immer seriös gearbeitet.« Das kann man mit dem Wert des Vertrauens auch zusammenfassen.
Zur Zeit spricht man wie etwa bei der IAA in Frankfurt davon, dass das Auto in eine Art Glaubenskrise geraten sei, von manchen werden SUVs als Feindbilder gesehen, Kohlendioxidvorgaben setzen Hersteller unter Druck. Inwieweit ist man als Autohändler davon betroffen?
Ich glaube, dass die individuelle Mobilität vor allem in einem Staat wie Österreich gefragter denn je ist – ein starkes Bekenntnis zur individuellen Mobilität also. Das Zweite ist eine Chance und Herausforderung für uns als Händler, jeden Kunden so bedarfsgerecht zu beraten, dass wir das richtige Fahrzeug mit dem richtigen Antrieb für die richtigen Bedürfnisse heraussuchen. Das heißt, für den einen wird in Zukunft das Elektrofahrzeug in einer Kleinvariante besser passen, es wird Kunden geben, die werden optimal betreut sein mit einer Art von Hybridvariante, es wird der Wasserstoff wahrscheinlich auch einen Platz finden und es wird mit Sicherheit auch in den nächsten Jahren viele Fahrer geben, die ganz bestimmt einen Diesel kaufen. Also: bedarfs- und bedürfnisorientierte Auswahl der Motoren und der Fahrzeuge – das ist die große Chance, aber gleichzeitig auch die große Herausforderung.
Hersteller rechnen Werte wie den Flottenverbrauch ihrer Autos durch, ist man als Händler mit Ähnlichem konfrontiert?
Der Händler hat das Glück, dass er dem Kunden ein breites Produktportfolio und viele verschiedene Motorenvarianten anbieten kann. Da ergeben sich ein bunter Mix an Motoren und ein entsprechender Durchschnittswert für den Kohlendioxidausstoß.
Der Trend zum SUV ist unübersehbar, die meisten Marken sind mit dabei – glauben Sie, dass dieser Trend weiter anhält? Wohin entwickelt sich der Automarkt in Zukunft?
Wir glauben, dass es beim Produktportfolio, den Modellvarianten weiterhin einen gesunden Mix geben wird. Das heißt, es wird weiterhin sämtliche Nischenfahrzeuge geben, wobei die Fahrzeuge regions-, bedarfs- und bedürfnisorientiert gekauft werden. Daher glauben wir an einen »bunten Motorenmix« in den nächsten Jahren, wo Hybride, eventuelle Wasserstoffantriebe und Verbrennungsmotoren ihren Platz haben werden. Es werden drei Dinge entscheidend sein: Gibt es staatliche Lenkungseffekte in Form von Anreizen, auf andere Motorenvarianten umzusteigen? Zweitens: Was sind die wirklichen Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden in rationaler Hinsicht? Und drittens: Wo ist die emotionale Komponente, was will der Kunde wirklich kaufen? Nicht jeder Autokauf ist eine rationale Entscheidung – und das ist gut so.
Was ist aus Ihrer Sicht die Regel?
Es kommt drauf an und lässt sich nicht pauschalisieren. Es sind ja viele Firmen-, und Flottenfahrzeuge dabei. Bei Fuhrparks wird natürlich nach zahlen-, daten-, faktenbasierten Kriterien und anderen Vorgaben ausgesucht.
Autonomes Fahren gilt als richtungsweisende Triebfeder in der Autoindustrie. Werden wir wirklich in 10 oder 20 Jahren ohne Lenkrad fahren?
Ich glaube, dass teilautonomes Fahren in Form von hochintelligenten Assistenzsystemen sich natürlich noch weiter entwickeln wird. Wichtig dabei ist, dass man es selbst in der Hand hat, wie weit man sich davon beim Fahren unterstützen lassen will. Damit sich zu hundert Prozent autonomes Fahren dann in den nächsten Jahren und Jahrzehnten auf einzelnen Routen, etwa auf Transitrouten, durchsetzt, muss es zuerst die rechtlichen Rahmenbedingungen geben und eine zu hundert Prozent verlässliche technische Umsetzung. Großes Thema ist die Topografie in Österreich, die Unberechenbarkeit des Wetters und die Unberechenbarkeit jener Verkehrsteilnehmer, die nicht voll autonom fahren. Assistenzsysteme, teilautonomes Fahren, Unterstützung des Fahrers werden weiterhin zunehmen, das intelligente Fahrzeug ist keine Zukunftsmusik, sondern ist absolute Realität.
Wie intelligent sind Autos heute schon?
Alles, was Sie im Fernsehen sehen und was angeboten wird, kann die Marke BMW liefern. Selbst einparken, ferngesteuertes Fahren, intelligente Sprachsteuerung und Gestensteuerung, Fahrassistenzsysteme, jegliche Sicherheitsfeatures, dazu ist es auch noch wie ein fahrendes Büro und Wohnzimmer und es geht weit darüber hinaus, sodass ich hier nur ein eingeschränktes Bild liefern kann.
Wenn die Intelligenz des Autos eines Tages ausreicht, um autonom zu fahren und auch die Rahmenbedingungen erledigt sind, wird es dann nicht schwierig, Autos zu verkaufen? Muss der Autohändler Zukunftsangst haben?
Wir sind derzeit ein Automobilhandelsunternehmen und so aufgestellt, dass wir mit allem, was wir tun, bewegen wollen – das heißt, wenn sich die Bedürfnisse der Kunden ändern, dann sind wir als Unternehmer angehalten, uns dementsprechend mitzuverändern. Wenn das Unternehmen Gady seine Arbeit noch immer gleich machen würde wie 1960, dann würde es uns nicht mehr geben. Die Bedürfnisse, Wünsche und Anforderungen unserer Kundinnen und Kunden haben sich geändert.
Was ist dabei heute im Vergleich zu vor 40 oder 60 Jahren wichtig?
Ich kann Ihnen sagen, was damals und heute auf jeden Fall noch immer gleich ist. Das ist der persönliche Kontakt. »Beim Reden kommen die Leut’ z’samm« heißt es im Steirischen, deshalb haben wir auch keine Zukunftsangst, denn wer kommuniziert, gewinnt. Die Kunden wollen immer noch einen Ansprechpartner haben, wenn sie Dienstleistungen und Endauskünfte von uns brauchen. Wenn jemand ein Auto kauft, ist es immer noch so, dass er lieber einen Ansprechpartner hat. Über Onlineplattformen informieren sich die Leute heute vorher, das heißt, bevor der Kunde ins Autohaus kommt, findet eine detaillierte Vorinformation statt. Aber die Endentscheidung wird meistens Face-to-Face getroffen.
Herr Gady, vielen Dank für das Gespräch.
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Philipp Gady wurde am 23. März 1984 geboren und maturierte im Bischöflichen Gymnasium in Graz. Bis zum tragischen Tod seiner Schwester Katja, vor wenigen Wochen, hatte er vier Geschwister. Er verbrachte fast ein Jahr in Australien, studierte in Wien im Rekordtempo von sechs Semestern Jus und trat mit 23 Jahren in das Unternehmen von Franz und Gerhard Gady ein. Ab 2009 Geschäftsführer, seit 2015 Alleineigentümer, betreibt er weiterhin in Eigenorganisation das von Mutter Ingrid mitentwickelte »steirische Volksfest« Gady-Markt in Lebring, eine der größten Privatveranstaltungen Österreichs. Eine Schweizer Anwältin macht den »Oberlandler« (Vulgoname »Tandler«) bald zum Vater.
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Fazitgespräch, Fazit 156 (Oktober 2019), Fotos: Heimo Binder