Hoch oben in Höch bewirtet seit Anfang Juni ein ganz und gar ungewöhnliches Gastro-Quartett aus Graz in der Buschenschank „Am Kåarriegel“ seine Gäste. Warum man aus einer Corona-Not auch eine Kulinarik-Tugend machen kann, wie sich das unerwartete Landleben anfühlt und woran in der kalten Küche gerade getüftelt wird.
Treffen sich zwei Architekten, eine Tänzerin und eine Fotografin … So könnte auch ein schlechter Witz beginnen. Die Betonung liegt hier aber auf könnte. Denn im Fall von Daniel Huber, Barbara Gruber, Olgica Perić und Lilly Mörz ist es der Anfang einer guten Corona-Geschichte, einer richtig guten sogar. Obwohl – und ganz genau genommen: Getroffen hat sich das Quartett natürlich schon viel früher, lediglich die finale Entscheidung, gemeinsame Buschenschank-Sache zu machen, fiel just in einer Zeit, in der manch anderer Gastronom in Sorge war, für immer zusperren zu müssen. Neu ist der Betrieb grundsätzlich nicht: Man bespielt die zu Christof Heissenbergers Weingut „Kåarriegel“ gehörige Buschenschank.
Den relativ raschen Weg von der Idee bis zur Umsetzung bezeichnet Daniel Huber als „Corona-Zufall“. Tänzerin Perić hätte eigentlich ein großes Projekt im Rahmen von “Graz Kulturjahr 2020” gehabt. Und die selbstständige Fotografin Mörz, die erst ein künstlerisches Jahr in Wien an der Fotoschule Friedl Kubelka abgeschlossen hatte, erzählt: “Ich war danach ortsungebunden und hatte Lust, ein schönes Projekt auf die Beine zu stellen – am allerliebsten in der Südsteiermark, weil ich die Gegend liebe.” Sie war es dann auch, die die Idee hatte, die Buschenschank mit Freunden umzusetzen. Mörz fügt hinzu: “Ich habe mich mit Stefan, der mein Schwager ist, und Christof Heissenberger zusammen getan. Sie haben mir dann das Projekt am Kåarriegel angeboten – wenn ich ein cooles Team auf die Beine stelle. Und dann bin ich einfach mit dem Vorschlag auf Olgica, Babsi und Daniel zugegangen.”
Und wie sieht im “coolen Team” nun die Arbeitsaufteilung genau aus? Daniel Huber, dem noch die Diplomarbeit fehlt, und seine Lebensgefährtin Barbara Gruber, die den Architektur-Abschluss bereits in der Tasche hat, sind zwar Kulinarik-Autodidakten, Erfahrung in der Küche bringen sie aber sehr wohl und ausreichend mit. Daniel Huber erzählt: „Wir haben irgendwann einmal auf der Uni begonnen zu kochen, das ist dann immer größer geworden. Das Unipersonal ist so auf uns aufmerksam geworden und hat uns fürs Catering verpflichtet. Und wir hätten heuer eigentlich auch beim Kulturjahr 2020 catern sollen.“ Wenig verwunderlich also, dass die beiden das Küchenteam bilden. Olgica Peric, die Gastronomieerfahrung hat, ist gemeinsam mit Lilly Mörz im Service am stärksten vertreten, wobei sich die Fotografin auch zusätzlich um die PR kümmert. Und sie ergänzt: “Natürlich macht jeder grundsätzlich einmal das, wo seine Stärken liegen. Aber dann machen auch wieder alle alles, je nachdem was anfällt – vom Gärtnern, über das Traktor fahren und Kirschen pflücken bis zum Wermut ansetzen.”
Und was erwartet den hungrigen und durstigen Gast nun genau „Am Kåarriegel“? Ausschließlich Hausgemachtes, gemacht aus frischen, regionalen Zutaten – und alles unter dem Motto „Gemeinsam jausnen und trinken.“ Daniel Huber zu seiner kulinarischen Philosophie: „Das ist alles so schnell gegangen, dass wir natürlich keine fünf Schweine vom Winter über hatten. Und weil wir nichts Fremdgeselchtes anbieten wollten, gibt’s bei uns jetzt auch einmal keine klassische Brettljause.“
Stattdessen trifft man dort etwa auf kalte Gurkensuppe mit Gin, hausgemachten Frischkäse, kalten Schweinsbraten, selbstgeräucherten Fisch oder das eigene Roggensauerteigbrot, aber durchaus auch Ungewöhnlicheres wie steirische Empanadas, gefüllt mit Räucherforelle oder Schweinsbraten, oder Flusskrebs mit Korianderbutter. Und an den Sommerrollen mit Kernöl wird gerade noch getüftelt.
Zurzeit wird aber nicht nur an neuen Gerichten gefeilt, sondern auch an der unmittelbaren Regionalität gearbeitet. Daniel Huber erzählt: „Wir haben einen Garten voll mit Obst vor der Haustüre, das wird entweder gleich direkt für die Süßspeisen verwendet oder eingekocht.“ Wie etwa unlängst Berge an Holunderblüten für das hauseigene Rosé-Holunderblütengelee oder Holundergugelhupf mit geschmacklich harmonierendem Sorbet. Somit wäre also einmal geklärt, was die Buschenschank-WG serviert.
Und was kommt ins Glas? Dort landen natürlich die „Kåarriegel“-Weine. „Die passen auch von der Idee perfekt zu unserem Essen, weil sie bio und einfach so natürlich wie möglich sind. Christof hat von den früher einmal 20 Hektar 18 wieder vergeben, auf 2 runterreduziert und sich somit auf das Beste konzentriert”, erklärt Daniel Huber.
Eine Frage stellt man sich dann aber schon noch: Wie fühlt sich für Daniel Huber, der sich in Graz auch einen Namen als Initiator der Bewegung „Für ein Recht auf Klubkultur“ gemacht hat, dieses unerwartete Leben auf dem Land an? „Für mich ist das alles ja nicht ganz fremd. Ich bin auf einem kleinen Bauernhof aufgewachsen, kann Traktor fahren und weiß, wie man zum Beispiel einen Gemüsegarten bestellt oder ein Schaf absticht. Barbara vermisst die Urbanität da sicher mehr als ich. Aber momentan genießen wir einfach einmal die Natur und freuen uns jeden Morgen aufs Neue, wenn wir ins Tal hinunterschauen können.“
Und wie ist es um die Zukunftsaussichten der Buschenschank bestellt? „Wir probieren das heuer einfach einmal alles aus, und dann sehen wir weiter. Und unser Sohn Gustav ist gerade ein Jahr alt geworden. Also müssen wir auch schauen, wie sich das alles mit Kind machen lässt. Aber ein Kindergarten in der Nähe wäre auf jeden Fall da und somit auch eine langfristigere Möglichkeit …“
„Am Kåarriegel“, Do. 15 bis 21 Uhr, Fr. bis So., 13 bis 22 Uhr, Rettenberg 97, 8444 Höch, Tel. 0650 86 28 693, E-Mail an buschenschank@kaarriegel.at