Die Steiermark ist nicht nur das grüne Herz Österreichs – sie hat auch ein violettes Eck. In Kitzeck, wo Theresia Heigl-Tötsch mit ihrer Familie die größten Bio-Lavendelfelder Österreichs bestellt. Am 4. und 5. Juli wird dort die Vielfalt der aromatisch riechenden, gut schmeckenden und schön anzusehenden Pflanze zelebriert.

Urlaub in Österreich machen, freie Tage in der Heimat verbringen: Das hätte die Bundesregierung in diesem Sommer ja so furchtbar gerne von einem – und das erscheint einem auch selbst am sinnvollsten. Dennoch kann man seine Gedanken zwischendurch nicht davon abhalten, in die Ferne zu reisen. Nase, Augen und Magen würden es den Gedanken wohl gern gleich tun. Gut ist es da, dass es in der Steiermark ausreichend genug Schönes zum Verweilen gibt. Besser ist, wenn man an einem schönen Ort in der Heimat auch sein Fernweh stillen kann. Am besten ist es, wenn man dabei geografisch gleich doppelt zuschlagen kann. Und eine dieser Doppelpack-Ecken findet man in Kitzeck im Sausal.

© Wunsum

Die Provence in der Toskana

Ein bisschen verhält es sich dort – um noch eine dritte Ecke aus der Welt dazu zu holen – wie mit einer russischen Matrjoschka. Legt man die äußere Puppenschicht ab, die so viel zitierte steirische Toskana, findet man darin gleich auch noch die steirische Provence. Die umfasst zwei Hektar Anbaufläche und gehört zum Biobetrieb Wunsum von Theresia-Heigl Tötsch und ihrer Familie. Dort schlängeln sich die Lavendelreihen so anmutig, wie sie es auch vor dem Kloster von Sénanque oder in der Verdonschlucht nicht schöner tun könnten. Mit dem einzigen Unterschied vielleicht, dass in der Provence immer öfter nicht alles, was so aussieht, auch echter Lavendel ist, sondern wirtschaftlich viel ertragreicheres und weniger hochwertiges Lavandin.

Ein paar violett blühende Töpfchen auf dem Balkon oder eine Staude im Garten, das alles findet man auch in der Steiermark bald einmal. Aber großflächig angebaut ist und bleibt der Lavendel hierzulande doch etwas Besonderes. Deshalb kommt bald einmal die Frage auf, wie Theresia Heigl-Tötsch auf den Lavendel gekommen ist, noch dazu in einem Weinort wie Kitzeck. „Eben deshalb – weil hier alle Wein anbauen, wollte ich unbedingt etwas anderes anbauen!“

Vielfalt in der Pflanze und im Sortiment

Bei ihren Überlegungen und der Suche nach etwas, das mit dem Klima verträglich ist, sei sie dann beim Lavendel gelandet. Was sie an ihm so liebt? „Seine Farbe, seine Aromen, seine Vielfalt.“ Diese Vielfalt der Pflanze spiegelt sich auch in dem wider, was in der Manufaktur hergestellt wird. Mehr als 100 Produkte aus den Bereichen Wohlfühlen, Essen, Trinken und Kosmetik findet man auf dem Biohof Wunsum – vom klassischen Lavendelsackerl über die Marmelade bis zum Likör. Bis es jedoch überhaupt einmal so weit ist, den Lavendel zu verarbeiten, dauert es. Heigl-Tötsch erklärt: „Das Schwierige am Anbau ist vor allem, dass alles unglaublich arbeitsintensiv ist, fast nur in Handarbeit entsteht. In einem Hektar Lavendel stecken 640 Arbeitsstunden.“ Und dass ihr Lavendel bio ist, ist für die gebürtige Tirolerin, die einst der Liebe wegen in die Steiermark kam, nur logisch: „Wir sind seit 1995 ein biozertifizierter Betrieb und haben ein großes Potpourri an Kräutern. Es wäre mir sonderbar vorgekommen, hätten wir den Lavendel mit Herbiziden behandelt.“

© Wunsum

Dem alljährlichen Wochenende, an dem die violette Mittelmeerpflanze und ihre Verwendungsmöglichkeiten gefeiert werden, konnte auch die Corona-Krise nichts anhaben. Aus dem traditionellen Lavendelfest wurde schlicht und ergreifend ein Lavendelmarkt. Heigl-Tötsch erklärt: „Die Stände sind weiter auseinander, das Abendprogramm fällt heuer aus. Wir haben uns einfach an die Situation angepasst.“ So wie der Lavendel selbst auch, der sich auf den Hängen von Kitzeck in der Steiermark genau so wohl zu fühlen scheint wie auf den Hochebenen von Sault oder Albion in Frankreich. 

Lavendelmarkt auf dem Biobetrieb Wunsum: Sa., 4. Juli., und So., 5. Juli, jeweils von 10 bis 18 Uhr, Greith 17, 8442 Kitzeck im Sausal